Tagebuch

GATSCHIG, PLASTISCH und PERSÖNLICH

Aufzeichnungen aus dem Atelier und darüber hinaus.

Oktober 2018 - mein Haus in mir

Was macht ihr wenn es so richtig stressig wird?
Ich meine damit nicht den Alltagsstress den wir alle nur zu gut kennen, sondern solche Situationen die uns tatsächlich überfordern.
Ich hab das mal gegoogelt und bin auf drei Möglichkeiten gestoßen, die in uns Menschen sogar genetisch verankert sind.
Möglichkeit eins: Aggression und Kampf
Möglichkeit zwei: Flucht und Verdrängung
Möglichkeit drei: Erstarrung und Resignation
Ich persönlich tendiere eindeutig zur dritten Variante. Mit der Ergänzung, dass ich mich vollkommen zurückziehe, ganz tief hinein verkrieche. Das mache ich nicht bewusst oder absichtlich, wohl eher instinktiv. Diesen Rückzugsort nenne ich mittlerweile mein Haus in mir. Es ist nur klein aber solide gebaut, es schützt mich und gibt mir Sicherheit. Dort verharre ich ein Weilchen, mach´s mir richtig gemütlich. Aber irgendwann, ganz ehrlich, wird es mir zu schummrig und zu eng. Dann knips ich das Licht an. Und mit dem Licht, das man auch als Zutrauen in mich verstehen kann, kehre ich schön langsam wieder an die Oberfläche zurück und stelle mich meinen Herausforderungen.
Und an dieser Stelle sei mir erlaubt, auch an euch dieses Licht zu schicken. Glaubt an eure Fähigkeiten, bleibt euch treu und nährt das Licht durch einen versöhnlichen und liebevollen Umgang mit euch selbst.

September 2018 und warum ich gerade so müde bin

Wo liegt eigentlich der Unterschied zwischen faul und müde? Das frage ich mich gerade, vor allem deswegen, weil ich mir nicht ganz sicher bin ob ich im Moment das eine oder eben das andere bin.
Ich bin auf jeden Fall Social Media-faul geworden. Das liegt vor allem daran, dass ich mir über den Sommer mehr echtes Leben und weniger Handy verordnet habe. Was über weite Strecken auch ganz gut gelungen ist. Und überraschenderweise gewöhnt man sich an diese Abstinenz recht schnell.
Apropos Sommer, der war sowieso zu kurz und viel zu schnell vorbei.
Denn mit dem Ende des Sommers hat eine völlig neue Lebensphase begonnen. Ich habe mich von der Mama eines Kindergartenkindes in die Mama eines Schulkindes verwandelt. Na und, werden sich jetzt einige vielleicht denken. Ehrlich gesagt, ich habe auch nicht damit gerechnet, dass sich für mich signifikant viel ändern wird. Und doch.
Das Kind geht nun jeden Tag in die Schule, ob es nun Lust hat oder nicht.
Das Kind geht einmal in der Woche direkt nach einem langen Schulvormittag in die Nachmittagsbetreuung, isst dort zu Mittag, erledigt seine Hausaufgaben und hat dann noch ein wenig Zeit zum Spielen.
Das Kind besucht einmal wöchentlich die Musikschule. Das Kind muss regelmäßig üben, damit das Ganze Sinn macht.
Das Kind braucht Bewegung und frische Luft, weil das nun mal wichtig ist.
Das Kind muss ordentlich essen, vorzugsweise Gesundes.
Das Kind muss spätestens um halb acht im Bett sein, weil sonst die Nacht zu kurz ist.
Das Kind braucht mich – unterstützend und geduldig.

Und jetzt kommt der Teil mit dem müde sein.
Für Struktur sorgen, Regelmäßigkeiten einhalten, Motivationsarbeit leisten, dazwischen bewusst Zeit für Entspannung und Lümmelei einzubauen, präsent sein, hinhören – das alles saugt gerade ganz schön an mir.
Und dann ist da auch noch dieser ewige weibliche Zwiespalt, stelle ich eigene Interessen zu weit in den Vordergrund, bin ich zu ehrgeizig mit mir und meiner Umgebung und verbringe ich zu viel Zeit mit meiner Arbeit im Atelier …?
Hm.
Ich lass das jetzt einfach mal so stehen und hoffe darauf, dass sich in den nächsten Wochen ganz von selber wieder mehr Natürlichkeit einstellt, denn für alles andere bin ich erstens zu faul und zweitens viel zu müde.

Juni 2018 und immer schön locker bleiben

Wie doch die Zeit vergeht, wäre ich in Anbetracht des sechsten Geburtstages meiner Tochter, versucht zu sagen. Zumindest dann, wenn ich nicht wüsste, dass ausschließlich wir vergehen im krassen Unterschied zur Zeit, die immerdar und ewig ist.
Und dennoch empfinden wir den Lauf der Dinge nun Mal als linear und auf gestern folgt heute, auf den fünften Geburtstag der sechste. Aber ebendieser ist irgendwie besonders. Anders als die vorhergegangen. Denn mit diesen sechs Kerzerln auf der pinken Einhorn-Torte ist ein ganz bestimmtes Ereignis untrennbar verbunden, nämlich der Eintritt in die Schule. Und mit der Schule, so sagt man so schön, beginnt was?
Genau.
Der Ernst des Lebens.
Ganz ehrlich, ich kann sie nicht mehr hören, diese Ernst-Geschichten.
Vor allem auch deswegen, weil sie schlicht und ergreifend unwahr sind.
Denn das Leben in seiner Ganzheit, ob ernst oder spaßig, startet exakt im Moment unserer Geburt. Von da an geht’s los. Gut, die ersten wesentlichen Dinge erledigen noch unsere Instinkte, aber spätestens nach ein paar verschlafenen Wochen und Monaten gibt es kein Entkommen mehr. Umdrehen, krabbeln, aufstehen, gehen, sprechen, ins Töpfchen machen, Laufrad fahren, Mamas Handy entsperren, Nagellackfläschchen öffnen etc., etc..
Und jetzt kommt´s, das alles passiert in lustvoller Leichtigkeit und mehr oder weniger selbstverständlich. Kinder lernen, die einen schneller, die anderen gemächlicher, haben Erfolg, freuen sich über Erreichtes und streben nach mehr.
Das ist natürlich und gesund.
Aber auf einmal schleicht sich still und heimlich dieser Mythos ein, dass Lernen etwas Ernstes, Unerfreuliches und Belastendes sein soll.
Merkwürdig, oder?
Dabei ist Schule eine Episode von vielen in unserem Daseinsprozess. Nicht unwichtig aber auch nicht überzubewerten.
Und genau das erzähl ich nun meiner Tochter. Hol dir die Buchstaben, schnapp dir die Zahlen, lies ein paar gute Bücher, hör Musik, aber bleib locker!
Denn die wesentlichen Dinge kannst du längst, nämlich neugierig sein, sprühende Lebensfreude zulassen, Vertrauen entwickeln und vor allem das ribiselrote Nagellackfläschchen aufmachen.


Mai 2018 und wie ich es mit meinen Zitronen handhabe

Vor ungefähr einem Jahr, es war ein sommerlich warmer Abend, erlebt meine Tochter ihr erstes echtes Lebenstrauma.
Ich hab es vor mir, als ob es gestern gewesen wäre. Wir wollen gemeinsam mit unserem Hund noch schnell einen kleinen Abendspaziergang machen. Unsere Stimmung, so erinnere ich mich, ist gelöst, fröhlich, vielleicht sogar ein bisserl überdrüber. Ich empfehle meiner Tochter das Rad zu nehmen, weils schneller geht. Und weil wir gerade so flott und lässig unterwegs sind, pfeiffen wir auch auf den Helm. Wozu auch? Weil zu meiner Zeit, weder Radhelm noch Schihelm noch sonst irgendwas.
Und da wir auf einer kleinen Anhöhe wohnen, geht es zwangsläufig die ersten Meter bergab. Sie, meine Tochter, ist zu diesem Zeitpunkt eine noch vorsichtige Radfahrerin, behutsam und wenig routiniert. Es kommt wie es kommen muss, nach hundert Metern verliert sie die Kontrolle, beschleunigt, findet den Rücktritt nicht mehr und stürzt schwer. Direkt vor meinen Augen.
Mit dem Gesicht schlägt sie auf, bremst mit der Brust, und dem Knie. Die Nacht verbringen wir im Krankenhaus, sie wird genäht, geröntgt, geschient und einbandagiert.
Das Radl, rosa-weiß gestreift, landet für die restliche Saison ganz weit hinten in der Garage. Die Narben verheilen und verblassen, dank Ringelblumensalbe, schnell. Es kommen Herbst, Winter und ein neuer Frühling. Und weil es ja ohne Radfahren auch wieder nicht geht, zwingen wir uns gemeinsam mit einem nigelnagelneuen Rad, dieses Mal blau orange gestreift, zu einem Neustart. Und er gelingt. Mittlerweile fährt mein Mädchen ausgedehnte Touren.
Abgehackt könnte man meinen!?
Noch nicht ganz.
Mindestens einmal in der Woche, pünktlich zwischen zwei und drei Uhr nachts schrecke ich auf, bin mitten drin, fühle meine Handlungsfähigkeit, höre den Schrei und brauche einige Zeit, um wieder einzuschlafen.
Das ist meine aktuelle Zitrone, in die ich immer wieder beiße und deren Säure all meine Muskeln zusammenzieht.
Doch wie gut, dass der neue Tag das Saure und Scharfe ins Traumland verbannt. Denn an den Tagen steigen wir auf die Räder und fahren mutig drauf los. Und mit jedem Meter, den wir nun sicher zurücklegen, werden wohl auch die sauren Früchtchen an Wirksamkeit verlieren und langsam aber doch ins Reich der ruhenden Erinnerungen einziehen.

April 2018 und warum es sich hoffentlich lohnt, ehrlich zu sich selbst zu sein

37 Jahre also.
Genau weiß ich nicht woran es liegt, aber dieses 37 wirft ein paar Fragen auf, die mir an den Geburtstagen davor noch nicht in den Sinn gekommen wären. Beispiele gefällig?
Muss man mit 37 irgendeinen bestimmten Punkt in der persönlichen Entwicklung erreicht haben?
Muss man mit 37 endgültig erwachsen sein?
Und muss man sich mit 37 schon ernsthaft mit der eigenen Endlichkeit anfreunden?
Ehrlich gesagt gelingt es mir nicht, auch nur eine einzige vernünftige Antwort zu finden.
Aber was mir erstaunlicherweise schon gelingt und das mit jedem Lebenstag ein wenig besser, ist ein Gefühl für mich zu entwickeln und mich so zu erkennen wie ich nun einmal abzüglich Aufoktroyiertem und Anerzogenem bin.
Ich bin humorvoll, fröhlich, aufgeregt, überkritisch, verurteilend, hart, kalt, liebevoll, unnahbar, anschmiegsam, zärtlich, gescheit, einseitig, einzelgängerisch, familienkompatibel, und, und, und.
Ich kann gut mit Worten umgehen, verwende sie punktgenau, manchmal auch als Waffe. Das ist mir bewusst. Punkt.
Wenn ich wöllte könnte ich daran arbeiten, mir das vielleicht sogar abgewöhnen. Will ich aber (noch) nicht. Wieder Punkt.
Ich lerne jeden Tag besser auf meine Bedürfnisse zu achten und meine Grenzen zu respektieren. Und dennoch kann das klare Nein von gestern, morgen ein überzeugtes Ja sein.
So what?
Manche würden jetzt flatterhaft, kompliziert und kapriziös zur Liste hinzufügen. Können sie. Stimmt ja auch. Angelika Fritz in Reinkultur eben.
Wobei wir flugs bei Frage eins wären.
SELBSTREFLEXION - ehrlich und schonungslos, ist meine Antwort, die mir in diesem Moment in den Sinn kommt. Und von dort ist es hoffentlich nicht mehr allzu weit in Richtung inniger Selbstannahme – meinem erklärten Ziel für die nächsten Lebensjahre.

März 2018 und warum jeder Mensch sein eigenes Kraftsüppchen braucht

Wenn für einen Augenblick alles schwarz oder weiß wäre, man sich zu diesem Zeitpunkt in allen Dingen klar bekennen müsste, dann wäre ich eher der Distanz-Typ, weniger der Nähe-Mensch.
Soviel einmal als Einstieg.
Doch ganz so radikal möchte ich mich nun auch wieder nicht einreduzieren. Denn das eigentliche Leben spielt sich ja bekannter Weise zwischen den Polen ab. Shades of bunt, wie man so schön sagt.
Meine bunte Welt setzt sich im Moment aus den Hauptbestandteilen Familie, Partnerschaft und allem was dazugehört zusammen. Lebensbereiche die nach nichts anderem als nach absoluter Nähe, bedingungsloser Hingabe und einem ständigen Auflösen der eigenen Konturen zwischen Frau, Mutter, Tochter verlangen.
Enttäuschungen, Schmerzen, Kümmernisse meiner Eltern, meiner Geschwister, meines Partners, meiner Freunde fühle ich mit, betreffen mich, sprengen meine Grenzen. Mal stärker, mal schwächer. Die Trennung meiner Eltern. Ein Radunfall meines Bruders. Das allmähliche Vergreisen meiner hochbetagten Großmutter. Aber auch das Juchzen meiner Tochter beim Verlust des ersten Mausezähnchens.
Wie soll ich hier auf Distanz gehen?
Wo ließe sich eine eindeutige Grenze ziehen?
Unmöglich.
Nirgends.
Und doch ist es unabdingbar, von existenzieller Notwenigkeit sogar.
Zumindest für mich.
Mit dem morgendlichen Aufsperren der Ateliertür vollziehe ich diesen Schritt. Und sobald ich die Wärme des Brennofens spüre, die entstandenen Objekte vom Vortag begutachte und mich ans Tageswerk mache, gehe ich in Distanz.
In Distanz zu mir als Mutter, Partnerin, Familienmensch.
Und in diesen paar Stunden grenze ich mich radikal ab von den aktuellen Schattierungen meines Lebens, tauche ein in das hellste Weiß und finde genau dort zu mir.
Das ist meine tägliche Portion Kraftsuppe, die mich nährt und rundum versorgt, damit ich stark und klar wieder in die Nähe zu anderen zurück finden kann.
Zu Kundinnen, Freundinnen, meiner Familie, der vielfarbigen Welt, in der ich lebe.

Februar 2018 und warum es sich lohnt auch mal dankbar zu sein

Immer wieder überlege ich, was es für mich bedeutet erfolgreich zu sein. Und mit Erfolg meine ich in erster Linie die Erträge Freude und Zufriedenheit und in Folge dessen einen materiellen beziehungsweise finanziellen Mehrwert.
An meiner obersten Stelle steht: Mach was du kannst und investiere deinen Einsatz nur in Dinge, die dein Innerstes lächeln lassen.
An zweiter Stelle folgt: Steh zu dir, deinen Fähigkeiten und erzähle davon. Schüchternheit ade!
Und die dritte Stelle schließt mit: Suche dir Partner, nämlich ehrlich zugewandte, vertrauenswürdige und verlässliche. Nur darauf kann man aufbauen.
In meiner bisherigen persönlichen Entwicklung hatte ich großteils das Glück ebensolche zu treffen. Das beginnt bei meinen Eltern, Großeltern und erstreckt sich bis heute, tief hinein in private wie berufliche Beziehungsstrukturen.
Das gibt ein ziemliches gutes Gefühl, das dem Zustand des erfolgreich Seins schon sehr sehr nahe kommt.
So etwas kann schon mal Freude auslösen, vielleicht sogar Dankbarkeit. Und dabei fällt mir gerade ein Liedtext aus meiner Kindheit ein, "denn im Danken da liegt Segen und im Danken preis ich ihn ... oder sie!
Und mit dem Segen, diesem positiven inneren Wegweiser, lässt es sich wunderbar weiterschaffen, hoffentlich zum Wohle Vieler.

Jänner 2018 und warum ich alle Vorsätze über Bord werfe

Ein frisches Jahr mit ambitionierten Vorsätzen, hohen Erwartungen und neuen Zielsetzungen zu beginnen, ist ja nicht unbedingt von Nachteil.
Oder?
Ich zumindest habe viel für 2018 geplant.
Verstärkte Medienaktivitäten, Videos drehen, wieder mehr schreiben, mehr Fotos machen, bessere Fotos machen, neue Produktideen umsetzten, noch mehr Menschen für Ton und Kreativität begeistern, eventuell die lang ersehnte Ausbildung starten, ...!
Ach ja, und nicht zu vergessen, Sport machen, auf den Körper achten, eine Fastenwoche im Frühling und eine im Herbst einlegen und endlich wieder mit dem Skifahren anfangen.
Und außerdem von überhaupt höchster Priorität sind die Bereiche Familie, Partnerschaft und Beziehungspflege zu Freunden und Vertrauten.
So weit, so definiert.
Und ehe ich diese Zeilen ausformuliert habe ereilt mich ein gemeiner Virus um den anderen und die Bilanz der ersten drei Wochen dieses Jahres kann ich ganz gemütlich, weil fürchterlich krank, vom Bett aus ziehen.
Und während ich darauf warte, dass der Hustentee auf angenehme Trinktemperatur abkühlt, kühlt auch mein inneres Brennen ein wenig ab und ich erfühle, dass ich die Strategie wechseln muss.
Und das tue ich, ganz entspannt.
Von jetzt an will ich immer noch das Gleiche wie oben beschrieben, aber es muss nicht gelingen.
Duchschnauf ...!
Das nimmt ganz schön viel Stress raus und bringt die Leichtigkeit zurück.
Ha! Seit ein paar Tagen geht's aufwärts! Bin wieder im Atelier und habe mir im Sale neue Laufschuhe gekauft. Ich finde das geht schon ziemlich in Richtung Sport ... :-) !